Vor einer guten Woche habe ich den bislang härtesten Lauf meines Lebens hinter mich gebracht. Gemeinsam mit einigen anderen verrückten (und deutlich erfahreneren) Trailläufern bin ich die 63 Kilometer Supertrail Distanz vom Zugspitz Ultratrail mit knapp 3.000 positiven Höhenmetern gelaufen.
Als ich mich einige Monate zuvor zu diesem Lauf angemeldet habe, ahnte ich noch nichts davon wie hart ein solcher Lauf tatsächlich ist, wenn man sich nicht monatelang spezifisch darauf vorbereitet.
Doch da ich meinem Kumpel Robert von Vitamin Berge gegenüber eine große Klappe hatte und mich auch in meinem Artikel über meine Laufevents 2016 darauf commited hatte, musste ich da durch.
Jetzt nach dem Lauf bin ich jedenfalls verdammt stolz, dass ich ihn geschafft habe und will meinen Lesern natürlich auch ein wenig davon berichten.
In diesem Artikel möchte ich Dir deshalb ein paar meiner Impressionen vorstellen und Dir von sieben Dinge erzählen, die mir dieser verrückte Lauf beigebracht hat. Falls Du auch darüber nachdenkst, einmal bei so einem Lauf teilzunehmen ist sicherlich das ein oder andere Interessante für Dich dabei.
Erfahrenere Trailrunner die das hier lesen, werden sich sicher auch im einen oder anderen Punkt wieder finden.
1) Wo ist die Straße? Ein Ultramarathon ist mit einem Ultra-Traillauf nicht zu vergleichen
Im ersten Moment, als Robert mich auf das Thema ansprach dachte ich mir, so einen 63 Kilometer Lauf, den schaffe ich mit etwas Training schon. Immerhin hatte ich schon ein paar Marathons und auch etwas längere Strecken hinter mir und wenn man mal läuft, dann läuft man eben noch etwas weiter. 😉
Als ich dann allerdings mit dem Laufen jenseits der befestigten Laufwege angefangen habe, musste ich schnell der Wahrheit ins Gesicht sehen: Ein Traillauf ist kein Straßenlauf!
An einigen kleineren Bergen in der Nähe von Hannover begann ich mein Trail Lauftraining. Zuerst größtenteils über Feldwege und dann mehr und mehr auf Trampelpfaden und auch querbeet durchs Unterholz fing ich an drauf los zu laufen. Nach der ersten Trainingseinheit mit ca. 15km und 500 Höhenmetern fühlte ich mich ähnlich wie nach einem Marathon.
Ich sage Dir, die 3.000 Höhenmeter hatte ich deutlich unterschätzt. Wenn Du einen Lauf mit vielen Höhenmeter vorhast, dann bereite Dich auf jeden Fall gut auf die Steigungen vor.
Ich habe gelesen, dass allein eine 10% Steigung das Laufen um 60% – 70% anstrengender machen. Gefühlt war der Unterschied tatsächlich sogar noch größer.
Mein Tipp daher: Bereite Dich spezifisch auf starke Steigungen und unbefestigten Untergrund vor, wenn Du vorhast bei einem Traillauf mitzumachen.
2) Zum Trailrunning gehört auch ganz schön viel Trailwandern
Zumindest, wenn Du noch nicht so viel Erfahrung mit Trailrunning hast und die Strecke so anspruchsvoll ist, wie das an der Zugspitze der Fall war.
Dass steile, lange und anspruchsvolle Streckenabschnitte bergauf nur schwer im Lauftempo zu bewältigen sind, ist sicherlich den meisten bewusst. Wie viel solche Abschnitte bei so einem Lauf ausmachen können, hatte ich allerdings vorher nicht bedacht.
Hinzu kommt, dass man immer alles, was man bergauf gelaufen ist, auch wieder bergab laufen muss. Wenn dann die Strecke entsprechend steil abschüssig und unbefestigt ist, dann ist auch wieder nicht viel mit schnellem Laufen. Streckenweise ist hier aus Sicherheitsgründen auch wieder eher zügiges Wandern angesagt.
Wenn dann gegen Abend noch die Lichtverhältnisse schwieriger werden, dann trägt das nicht unbedingt zu einem höheren Tempo bei.
3) Wo ist die Luft? Laufen in der Höhe ist kein Zuckerschlecken für Flachlandbewohner wie mich
Derzeit wohne ich in Hannover. Das ist bekanntermaßen keine Gegend mit vielen hohen Bergen. Entsprechend bin ich die Luft in der Höhe nicht gewohnt.
Man weiß ja eigentlich, dass die Luft in größerer Höhe dünner wird. Deswegen gehen ja auch viele Sportler regelmäßig zum Höhentraining in die Berge, um ihre Leistung auch im Flachland zu verbessern. Wie viel anstrengender das Laufen in zunehmender Höhe allerdings wirklich wird, hatte ich so vorher nicht auf dem Schirm.
Zum Glück habe ich mir als Flachlandbewohner vor dem Zugspitztrail noch ein kleines Trainingslager auf Teneriffa gegönnt. Hier konnte ich Sonne tanken und im Meer baden mit ein wenig Höhentraining verbinden.
Bei meinem ersten Trainingslauf über die 2.000 Meter Marke hatte ich das Gefühl ich hätte Steine an den Füßen und in der Luft war irgendwie nicht genug Sauerstoff zum Atmen…da muss das Tempo dann erstmal deutlich gedrosselt werden. Nach den ersten 20 Kilometern habe ich dann meinen ersten Trainingslauf abgebrochen. Die Höhe hat mir mächtig zu schaffen gemacht. Außerdem hatte ich auch nicht daran gedacht einen Trinkrucksack* mitzunehmen.
Mein Tipp: Wenn Du einen Lauf in großer Höhe vor Dir hast und grundsätzlich eher in tieferen Lagen trainierst, dann solltest Du in jedem Fall zur Vorbereitung mindestens 2-3 Wochen kurz vor dem Lauf in die Berge fahren, um Deinen Körper an die Bedingungen dort zu gewöhnen.
4) Nur ein bisschen Lauftraining reicht nicht aus
Wenn ich einen Halbmarathon oder einen Marathon vor mir hatte dann habe ich meist mein normales wöchentliches Laufpensum von 1-2 kurzen Läufen für einige Wochen auf 3-4 wöchentliche Laufeinheiten erhöht. Das war für mich immer absolut ausreichend, um da recht sauber durchzukommen.
Vor dem Zugspitz Ultratrail habe ich diesmal einfach nach dem Marathon in Hannover nicht aufgehört und bin weiterhin 3 mal die Woche laufen gegangen. Davon habe ich dann noch immer einen Lauf mit mindestens 500 Höhenmetern gemacht.
Gefühlt war das beim zweiten Anstieg schon nicht genug Vorbereitung gewesen und ich bin deutlich langsamer geworden. Gefühlt bin ich auch nur mit Ach und Krach durchgekommen und habe meine selbst gesetzte Zielzeit um über 3 Stunden verfehlt (was allerdings auch am Wetter lag).
Mein Tipp daher: Wer so einen Lauf machen möchte und wenig Lauferfahrung (insbesondere mit Höhenmetern) hat, der sollte sich erst einmal einige Monate oder besser ein Jahr gezielt vorbereiten und am besten auch erstmal mit einer kürzeren Distanz starten.
5) Über 2.000 Metern ist das Wetter auch im Juni unberechenbar
Was das Wetter angeht war wirklich alles dabei. Am Tag vorher habe ich mir mittags bei 28 Grad und Sonnenschein noch einen Sonnenbrand geholt und mich abends vor einem halbstündigen Hagelschauer versteckt. Beim Lauf selbst hat es dann zum Glück nicht gehagelt. Zwischen strahlendem Sonnenschein und Dauer-Regenschauer hat sich Wetter auf der Strecke jedoch ständig hin- und hergewechselt.
Hinzu kommt dann noch die Höhe. Dies führt dazu, dass es auch Mitte Juni beim Aufstieg über 2.000 Meter zwischenzeitlich mal so richtig kalt werden kann.
Mit den schnellen und heftigen Wetterumschlägen ist in der Tat nicht zu spaßen. Mit einer guten Vorbereitung und dem richtigen Equipment kann das Risiko, dass etwas passiert jedoch bereits vorab massiv reduziert werden.
6) So ein Ultratrail ist ein wenig wie ein Familientreffen
Das war mir vorher gar nicht so bewusst, aber Trailrunner scheinen wirklich eine eingeschworene Gemeinschaft zu sein. Zumindest gibt es wohl einen gewissen Kern, der regelmäßig an solchen Läufen teilnimmt. Hier scheint jeder jeden zu kennen. Das mag sicherlich auch daran liegen, dass es noch nicht so viele große, lange Trailrunning Events gibt und die Fangemeinde noch relativ überschaubar ist.
Überhaupt scheinen Trailläufer ein ganz anderer Schlag Sportler zu sein, als man das von anderen Läufern so kennt. Am Abend vor dem Lauf hat z.B. kaum einer Nein zum einen oder anderen Bierchen gesagt. Selbst auf der Strecke hat sich der eine oder andere Läufer ein Bierchen genehmigt.
„Das hat man spätestens nach 10 Kilometern wieder rausgeschwitzt.“
Bei den Top-Läufern um die ersten Plätze mag das vielleicht ein bisschen anders ausgesehen haben. 😉
Dadurch, dass ich mit Robert zusammen den Lauf gemacht habe, der schon etwas länger in dieser Szene unterwegs ist, habe ich einige der Top Läufer kennengelernt. Alle waren super locker und entspannt und sind freundschaftlich miteinander umgegangen.
Alles in allem war es eine unerwartet familiäre Atmosphäre, die Lust auf ein Wiederkommen macht.
7) Das richtige Equipment ist Gold wert
Dass das richtige Equipment einen großen Unterschied machen kann, hatte ich bereits bei vielfältigen anderen Sportevents festgestellt. Beim Trailrunning spielt die richtige Ausrüstung jedoch eine wirklich entscheidende Rolle. Wenn man bei so einem Lauf im hohen Gebirge nicht ausreichend ausgestattet ist, dann kann es schnell brenzlig werden, wenn einmal etwas unerwartetes passiert. Der Veranstalter des Zugspitz Ultratrail hat daher eine ganze Stange an Dingen vorgeschrieben, die man auf der Strecke dabei haben muss.
Mit der Standardausrüstung, die ich für meine Marathons habe, wäre ich bei diesem Lauf jedenfalls nicht weit und vermutlich auch gar nicht ins Ziel gekommen. Genau genommen hätte man mich gar nicht starten lassen, weil es am Start eine Kontrolle gab, ob die Pflicht-Ausrüstung vorhanden ist.
Zum Glück hat mir mein trailverrückter Kumpel Robert schon während meines Trainings immer wieder gute Tipps gegeben, wie ich mein Equipment für den langen Offroad-Lauf in großer Höhe optimieren kann.
Da ich jetzt nach meinem Training und dem ersten richtig langen Trail Lauf auch eigene Erfahrungen gesammelt habe, möchte ich euch gerne mitteilen, was meines Erachtens wirklich die wichtigsten Basics sind, die man bei einem langen Offroad-Lauf auf jeden Fall dabei bzw. an haben sollte.
Basics für lange Trailläufe:
- Wind- und wasserdichte Kleidung zum Überziehen (Zumindest eine Regen-Laufjacke*)
- Richtig gute Traillaufschuhe (Gerade für Einstiger eignen sich die Salomon Speedcross 3* meines Erachtens sehr gut)
- Ein Trinkrucksack* für die ausreichende Flüssigkeitsversorgung
- Laufmütze* und Lauf-Handschuhe*
- Eine Rettungsdecke* für den Notfall
- Ein Handy, damit man notfalls jemanden erreichen kann
Und wenn Du auch in die Nacht laufen möchtest, solltest Du Dir außerdem auch eine richtig starke Stirnlampe besorgen. Meine Sigma Lampe ist zwar für den abendlichen Waldlauf absolut ausreichend, für den Traillauf bei Nacht sollte man sich allerdings ein leuchtstärkeres Exemplar zulegen. Ich habe mir deshalb jetzt eine Silva Trailrunner II Stirnlampe* bestellt (gibt gerade ein gutes Angebot bei Amazon).
Jetzt bin ich jedenfalls verdammt froh, dass ich diesen Wahnsinnslauf geschafft habe und freue mich auf mein nächstes Laufevent: den Tough Mudder Norddeutschland, bei dem wir dieses Jahr mit einem großen Fitvolution-Team an den Start gehen werden. 🙂
An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an Robert von Vitamin Berge für die Begleitung auf der Strecke und einige der Fotos hier im Artikel.
Viele Grüße
Und vergiss nicht: Deine Fitness ist Deine Gesundheit.
Hi Jahn,
schön zusammengefasst und ich muss dir nur in einem Punkt widersprechen. Es ist nicht normal für Trailrunner Bier vor einem Lauf zu trinken. Ich tue es zum Beispiel nicht, allerdings eben auch sonst nicht.
Gruß
Sascha
Hi Sascha,
ich trinke auch kein Bier. Ich glaube auch nicht, dass jeder Trailrunner am Abend vor dem Lauf Alkohol trinkt. Es waren jedoch viele dabei, die sich das ein oder andere Bier vor dem Lauf gegönnt haben. Insgesamt war die Atmosphäre deutlich entspannter und weniger steif als bei anderen Laufveranstaltungen. Darauf wollte ich nur hinaus. 🙂
Viele Grüße
Jahn
Wow! Da hast du dir ja auch gleich eine super Distanz ausgesucht. Unglaublich! Herzlichen Glückwunsch.
Deine Zusammenfassung ist wirklich interessant. Dieser Lauf gehört absolut zu einem Muss für mich. Vielleicht irgendwann mal, wenn ich etwas weniger Triathlons absolviere…
Hi Din,
man soll sich ja immer neue Herausforderungen suchen. So ein kleiner Ultratrail ist sicherlich auch eine interessante Abwechslung zu Deinen ganzen Triathlons. Vielleicht solltest Du einfach mal anstatt eines Triathlons einen solchen Ultra laufen. 🙂
Viele Grüße
Jahn