Über 75% der Deutschen leiden unter Verspannungen im Rücken oder gar Rückenschmerzen. Jeder zweite Patient eines Orthopäden sucht aufgrund von Verspannungen im Rücken den Arzt auf. Verspannungen im Rücken haben diverse Ursachen, wobei die Diagnose bei circa 80% der Rückenleiden von Spezialisten als „unspezifisch“ deklariert wird – sprich, der Arzt hat keine Ahnung woher es kommt. Seit einigen Jahren hat das Bindegewerbe oder auch Faszien genannt im Fachbereich rund um die Anatomie des Menschen an Bedeutung gewonnen. Durch diverse Studien und Forschungen wurde neben den vier häufigsten Ursachen die Faszienverklebung als häufige Ursache von Verspannungen im Rücken identifiziert.
In diesem Artikel findest Du die häufigsten Ursachen von Rückenschmerzen. Darunter die jüngst entdecke Ursache von Verspannungen im Rücken – die Faszienverklebung. Außerdem erkläre ich Dir was Faszien sind und was bei einer Faszienverklebung hilft.
Herkömmliche Ursachen für Rückenschmerzen
Der Rücken besteht aus Muskeln und Bändern, die ihn beweglich halten. Darunter das stabile Skelett, das Halt geben soll. Wirbeln und Bandscheiben schützen das empfindliche Rückenmark. Schon kleinste Veränderungen in diesem komplexen System können schmerzhafte Folgen haben.
Wer als Rückenpatient zum Arzt geht, bekommt in über der Hälfte der Fälle eine unspezifische Ursache genannt. Wenn jedoch eine spezifische Diagnose gestellt werden kann, sind meist knöcherne Probleme, die Bandscheiben, krampfende Muskeln oder das Iliosakralgelenk der Ursprung.
Schmerzen durch Knochen
Ursachen werden meist durch diverse Untersuchungen festgestellt. Seit es die Möglichkeit gibt Patienten zu röntgen, wurde der Fokus auf die knöcherne Wirbelkörper gelegt. Wirbel können brechen oder werden durch Osteoporose im Alter langsam brüchiger. Vier von sechs Frauen erleiden in ihrem Leben mindestens einen Wirbelkörperbruch.
Schmerzen durch die Bandscheiben
Eine weitere Ursache bei Rückenschmerzen können die Bandscheiben sein. Die Bandscheiben liegen zwischen den Wirbeln und können mithilfe des MRT sichtbar gemacht werden. Bandscheiben sind Puffer zwischen den Wirbelkörpern. Viele Patienten haben einen unbemerkten Bandscheibenvorfall und verspüren keine Symptome. Schmerzen, Lähmungserscheinungen und diverse andere Beschwerden treten nur bei Druck auf Nervenwurzeln, das Rückenmark oder das Nervenfaserbündel im Lendenwirbelbereich auf. Seit 2007 sind die Bandscheibenvorfälle um mehr als 40% gestiegen. Dass hier als therapeutische Maßnahme oft eine Operation das Mittel der Wahl ist, steht bei diversen Experten in der Kritik.
Schmerzen durch Muskeln
Rückerschmerzen können ebenso durch Muskeln hervorgerufen werden. Haltungsfehler können beispielweise aufgrund unterschiedlich langer Beine entstehen. Zur Folge hat das ein schiefes bzw. gekipptes Becken, die eine gekrümmte Wirbelsäule verursacht. Die Rückenmuskulatur versucht das auszugleichen, das wiederum führt zur Muskelverkrampfungen und Schmerzen.
Kaum ein Mensch hat exakt gleich lange Beine. Geringe Abweichungen können von Ärzten mit speziellen Messgeräten erfasst werden. Schon kleinste Fehler im Millimeterbereich können Muskeln und Haltung beeinflussen und Schmerzen auslösen.
Schmerzen durch ISG-Blockade
Zwischen Kreuzbein und Darmbein im Becken liegt das Iliosakralgelenk. Dieses Gelenk ist nicht sehr beweglich. Wenn das Gelenk blockiert, sind Schmerzen die Folge. Man nennt das ISG-Blockade. Eine Blockade kann durch alltägliche unvorhersehbare Bewegungen hervor gerufen werden – Stolpern oder ins Leere treten. Blockaden im ISG-Bereich soll für 20% aller ungeklärten Kreuzschmerzen verantwortlich sein. Problematisch ist, dass eine ISG-Blockade nur durch manuelle Tests aufgespürt werden kann. Bei einer Röntgenaufnahme oder auf Bildern des MRT oder CT sieht man hier keine Veränderungen, die Schmerzverursacher sein können.
Verspannungen im Rücken bei einer Faszienverklebung
Erst 2007 gab es den ersten internationalen Faszienkongress in Boston. Das Fachgebiet der Faszien und Faszienverklebung ist neu und in Bewegung. Wenn Du durch Deine Anatomiebücher blätterst, siehst Du das Bindegewerbe bzw. die Faszien zwar erwähnt, es erhält aber noch nicht so viel Aufmerksamkeit wie Muskeln oder Knochen oder Organe.
Was anfangs von den Spezialisten für totes Füllmaterial gehalten wurde, lebt und kann sich verändern. Das wurde anhand eines Vergleichs zwischen gesundem Arm und Gipsarm (Video) sichtbar gemacht.
Fasziengewebe umhüllt die Muskeln und ist schmerzempfindlich. Faszien können verhärten, entzünden und verfilzen. Auf einer Röntgen-, CT-, oder MRT-Aufnahme kann man eine Faszienverklebung nicht wirklich erkennen. Das ist wahrscheinlich auch der Grund weshalb die Faszienverklebung als Ursache bei Rückenschmerzen erst seit Kurzem aufgefallen ist. Erst in den 2000ern wurde eine neue Methode, ein spezielles Ultraschallgerät, zur Sichtbarkeit bei Veränderungen der Faszien entdeckt.
Forschungsprojekt der Uni Ulm
Dr. Robert Schleip und Dr. Heike Jäger arbeiten gerade an einem aktuellen Forschungsprojekt der Uni Ulm. Neuste Erkenntnisse hierbei sind, dass Faszien eine deutlich gewichtigere Rolle bei der muskulären Kraftübertragung und Körperwahrnehmung sowie bei vielen Schmerzsyndromen spielen als anfangs angenommen. Faszien sind mit Rezeptoren und Nerven besiedelt und können Schmerz empfinden.
Bei Rückenschmerzen im unteren Rücken waren laut Forschungsergebnissen bei den Patienten die Faszien verdickt. Das hat einen Verlust an Elastizität und eine höhere Steifigkeit zur Folge. Eine Faszienverklebung bringt weniger Beweglichkeit sowie eine höhere Reizung. Damit wird der Rückenschmerz durchaus begünstigt. Die große Faszie im Rücken hat großen Einfluss auf die Bewegung, den Gang und Rückenschmerzen. Dein Körper ist nämlich kein starres Gerüst, sondern durch Bänder, Faszien und Gelenke biegsam und beweglich.
Die Behandlungsmethoden ändern sich nun nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Verdickte Faszien können Nerven einklemmen. Mit einer neuen Operationsmethode können Faszien weggeschnitten werden. Dr. Robert Schleip besucht einige dieser OPs, um eine nicht operative Handlungsmethode gegen eine Faszienverklebung zu erforschen. Ein eingeklemmter Nerven oder eine Faszienverklebung soll im Idealfall durch Druck von außen gelöst und geschmeidiger gemacht werden. Vorbeugende Druckbehandlungen könnten OPs und Schmerzen vorbeugen oder sogar vermeiden.
Was sind Faszien?
Faszien hast Du sicherlich schon einmal gesehen. Das ist das weiße Zeug um Dein Stück Fleisch, dass Du vermutlich vor dem Essen sorgfältig wegschneidest (wenn es der Metzger nicht schon getan hat). Faszien umgeben Deine Muskulatur und sind die Verbindung zwischen Skelett/starren Knochen und dem beweglichen flexiblen Muskel.
Nicht nur das was Muskeln umschließt sind die Faszien, sondern auch Bänder und Sehnen. Wie Du es oben schon Lesen konntest, handelt es sich hierbei nicht um totes Füllmaterial, sondern um lebendes Gewebe.
Von Kopf bis Fuß müssen viele Teile Deines Körpers harmonisch zusammenspielen, dass der Körper funktioniert. Durch Deine Körper zieht sich ein Netzwerk aus Fasziengewerbe bis in die Fingerspitzen. Faszien sind helle Gewerbeschichten, von super dünn bis millimeterdick. Fasziengewebe bestehen aus Bündeln aus Collagen und Elastien, verschiedenen Zellen und jeder Menge Wasser um die Fasern herum. Die Feuchtigkeit ist ein wichtiges Schmiermittel im Körper.
Muskeln sind von Faszien umhüllt und lassen diese geschmeidig aneinander vorbei gleiten. Auch jede einzelne Faser eines Muskels ist von Bindegewerbe/Faszien umhüllt und an jeder noch so kleinen Bewegung beteiligt, um den Körper zu stabilisieren. Das Fasziennetzwerk sorgt für Halt und das Muskeln am vorgesehenen Platz bleiben. Die Fasern des Fasziengewebes laufen kreuz und quer. Auch um Organe wie bespielsweise das Herz. Auch Bänder und Sehnen werden von den Experten als Faszien bezeichnet. Bei Bändern und Sehnen laufen die Fasern allerdings in eine Richtung, wie bei einem Seil. Sie sollten Zugkraft aus einer Richtung halten. So ist das Kompensieren von starken Kräften kein Problem.
Die Faszien sind nicht Halt und Stabilität beteiligt, sondern auch wenn wir uns nicht bewegen. Das Fasziennetz transportiert Abfallstoffe ins das Lymphgewerbe zum Abtransport. Auch Immunzellen sind in den Faszien aktiven und fressen Bakterien oder Abfall. Faszien sind Teil des Immunsystems.
Faszienverklebung durch Stress
Die Forscher rund um Dr. Schleip haben herausgefunden, dass Faszien auf Stressbotenstoffe reagieren und sich unabhängig einer Bewegung der Muskulatur zusammenziehen können. Durch Stress können also Faszienverklebungen entstehen.Diese Erkenntnis wurde statistisch untersucht und man kam bei einer Studie mit 8000 Teilnehmern zu folgendem Ergebnis: 35% aller Menschen mit Depressionen haben Rückenprobleme, wohin entgegen nur 17% aller Menschen ohne Depressionen an Rückenproblemen leiden. Dieser Zusammenhang wird nun weiterhin an der Uni Ulm erforscht.
Was hilft bei einer Faszienverklebung?
Bei einer Faszienverklebung und Verspannungen im Rücken gibt es unterschiedlichste Behandlungsmethoden (Osteopathie, Yoga, Akupunktur), die Schmerzen lindern können. Die meisten müssen von Ärzten oder Spezialisten durchgeführt werden.
Diverse Faszienmassagen soll Fehlhaltungen korrigieren und Verspannungen lösen. Laut Ärzten geht es den Patienten aufgrund der Massagen zunehmen besser. Das Gewebe wird weicher und der Gang wird geschmeidiger. Auch der Chefpyshio der deutschen Nationalmannschaft Klaus Eder setzt übrigens auf das Lösen erhärteter Faszien, damit Muskeln unserer Nationalelf optimal gleiten können.
Faszienmassagen können mithilfe einer Faszienrolle auch ohne die Hilfe der Spezialisten von Dir selbst durchgeführt werden. Welche Faszienrolle Du hier nutzen solltest und wie genau das geht, wird bald in einem weiteren Artikel erscheinen.
Lass es Dir gut gehen
Jenny
P.S. Eine Stunde Workout sind nur 4% Deines Tages
Der Artikel gibt einen sehr guten Überblick. =) Auch ich kenne mich mit der ISG-Blockade nur zu gut aus. Ich habe aber inzwischen gelernt, wie ich die Schmerzen mit Halteübungen lindern kann. Mit der Zeit habe ich auch herausgefunden, dass bestimmte Kraftübungen die Schmerzen verstärken. Die lasse ich seitdem aus.
Meine Faszienrolle würde ich nicht mehr hergeben. =)